streetwork@online
Streetworker:innen sitzen nicht im Büro. Ihr Feld ist die Straße, die Räume im Außen. Diese Form der aufsuchenden Jugendarbeit passiert auf Bürgersteigen, Bahnhöfen und Parks der Stadt - in Kälte, Hitze und Wind. Doch was ist mit Straßen, die mit Daten statt Steinen gepflastert wurden? Reale Begegnungen finden nicht mehr nur offline statt: Die Digitalisierung ist längst da. Soziale Netzwerke sind Räume des Austauschs und der Freundscha. Damit werden diese Orte zu Identitäts- und Meinungsbildungsräumen. In der Radikalisierungsprävention hat man die Bedeutung des Digitalraums längst erkannt. Für die aufsuchende Sozialarbeit allerdings sind digitale Straßen bisher unentdeckte Gassen. Doch um mit Jugendlichen zu arbeiten, muss man ihre Perspektive verstehen. Als eines der ersten Projekte erkundet streetwork@online Räume des Internets und schlägt dabei neue Wege ein. Ihre Streetworker:innen sitzen im Büro. Vor Laptops und Handys. Sie begegnen Hitze und Wind in Räumen der Virtualität. Hier gehen sie aktiv in den Kontakt mit jungen Menschen, die sich in radikalisierten, islamistischen Communities aualten. Anders als auf dem Asphalt, können sie nicht in ihren Jeans und Turnschuhen aureten - in die Tiefen des virtuellen Netzes reisen sie als Avatare ihres Selbst. Dennoch wollen sie offen auf den Plattformen arbeiten, treten mit ihrem Berufsnamen in die digitalen Lebenswelten.
Die Internetforen sind den Tiefen eines Waldes ähnlicher als den asphaltierten Straßengeflechten der Stadt. Während sie Verstrickungen von Weltanschauungen, Meinungen und Erfahrungen wie Unterholz erwandern, laufen sie in langen Diskussionssträngen neue Pfade ein. Diese führen sie zu einzelnen Persönlichkeiten: Stein für Stein, Frage um Frage. Zugang über Austausch: Unverbindlich, offen, ohne Urteil. Um sich im Teilen von Erfahrungen zu treffen - in Geschichten aus dem Studium, der eigenen Sozialisation oder (nicht-)vorhandener Migrationserfahrung. „Die Erfahrung, zwischen zwei Welten zu stehen hilft, das Urteilen und vorgefertigte Bilder abzulegen und eher verstehen zu wollen, warum jemand so ist“, erklärt die Projektleiterin von streetwork@online. Und so öffnet der Dialog den Raum, scha Platz für Beziehung. Ein Gegen kann keinen Dialog erzeugen. Deshalb arbeiten die jungen Streetworker:innen mit alternativen Narrativen, statt dem Gegenüber Ansichten abzusprechen. Sie wollen nicht überzeugen, nichts verkaufen, nehmen auch selbst neue Perspektiven ein. Jede Interaktion bringt eine Welle eigener Geschichten, eigener Themen. Entscheidend ist für sie dabei nicht der Inhalt von Aussagen, sondern die Bedürfnisse, die dahinter stehen. Wenn das Gegenüber bestärkt wird, die Hintergründe der eigenen Gedanken zu reflektieren, dann können Ressourcen aktiviert werden. Entscheidend dabei sind die Momente, in denen man die Menschen als Person erreicht und nicht an den Meinungsäußerungen kleben bleibt. Denn es sind emotionale Empfindungen, die darüber entscheiden, wie Inhalte wahrgenommen werden. Und die junge Menschen in radikalisierte Gruppen treiben.
„Missverstanden zu werden und das Gefühl, nicht gesehen zu werden, betri Jugendliche besonders. Vor allem, wenn sie marginalisiert werden", sagt die Projektleiterin. Dabei sei in der Jugendphase das Potential für verändernden Austausch besonders hoch: Immer wieder sei sie überrascht, wie gut die Jugendlichen darlegen könnten, was sie stört und wie bereit sie sind, ihre Beweggründe Kund zu tun. Die junge Generation sei inspirierend, die Diskussionen seien progressiv. Doch der Kontakt soll kurz sein. Das Ziel ist, die Hilfe zugänglich zu machen und die jungen Menschen weiter zu vermitteln. Die beginnenden Beziehungen deshalb wieder abzubrechen, kann manchmal schwieriger sein, als sie aufzubauen. Eine größere Herausforderung stellen jedoch die Diskrepanzen innerhalb des Arbeitsaurags dar. Durch Vorgaben müssen sie mit Labelungen arbeiten, mit Begriffen, die Dynamiken stärken, welche sie zu brechen versuchen. Dabei kann das Gefühl entstehen, sich zuweilen eher Symptomen gesellschalicher Probleme als den Ursachen widmen zu können. Und diese liegen unter anderem im gesellschalichen Umgang mit marginalisierten Jugendlichen. Antimuslimischer Rassismus, äußere Zuschreibungen, aber auch Armut und soziale Ausgrenzung außerhalb religiöser Kontexte können beispielsweise dazu beitragen.
Wenn sie sich nicht verstanden fühlen, es keine Räume für sie gibt, suchen junge Menschen nach einem Ort, an dem sie sich zugehörig fühlen können. An dem sie sich auch über diskriminierende Erfahrungen austauschen können. Radikalisierte Gruppierungen bieten scheinbar diese Räume und ein vermeintliches Verständnis dafür, dass die eigene Identität eben den Zuschreibungen von Außen entspräche. Für das mittlerweile fünfjährige Modellprojekt des Düsseldorfer Trägers AVP e.V., das seit 2017 von der Landeskommission Berlin gegen Gewalt gefördert wird, wäre finanzielle Sicherung ein wichtiger Schritt, sich inhaltlich und organisatorisch weiterzuentwickeln. Ihre reflektive Haltung, die Bereitscha, ihre Arbeit von Kontakt zu Kontakt zu optimieren, begleiten sie dabei, ihre idealistischen Ziele zu erreichen. Einzeln auf Streifzügen durch die virtuellen Straßen - zusammen ein Auffangnetz füreinander. In dem, was sie zusammen erbaut haben, sind sie selber die Säulen. Der Austausch dient als Methode auf den Straßen und als Säulenfundament. Um veränderungsbringende Bewegung zu tragen, braucht es einen starken Boden.
streetwork@online
Streetworker:innen sitzen nicht im Büro. Ihr Feld ist die Straße, die Räume im Außen. Diese Form der aufsuchenden Jugendarbeit passiert auf Bürgersteigen, Bahnhöfen und Parks der Stadt - in Kälte, Hitze und Wind. Doch was ist mit Straßen, die mit Daten statt Steinen gepflastert wurden? Reale Begegnungen finden nicht mehr nur offline statt: Die Digitalisierung ist längst da. Soziale Netzwerke sind Räume des Austauschs und der Freundscha. Damit werden diese Orte zu Identitäts- und Meinungsbildungsräumen. In der Radikalisierungsprävention hat man die Bedeutung des Digitalraums längst erkannt. Für die aufsuchende Sozialarbeit allerdings sind digitale Straßen bisher unentdeckte Gassen. Doch um mit Jugendlichen zu arbeiten, muss man ihre Perspektive verstehen. Als eines der ersten Projekte erkundet streetwork@online Räume des Internets und schlägt dabei neue Wege ein. Ihre Streetworker:innen sitzen im Büro. Vor Laptops und Handys. Sie begegnen Hitze und Wind in Räumen der Virtualität. Hier gehen sie aktiv in den Kontakt mit jungen Menschen, die sich in radikalisierten, islamistischen Communities aualten. Anders als auf dem Asphalt, können sie nicht in ihren Jeans und Turnschuhen aureten - in die Tiefen des virtuellen Netzes reisen sie als Avatare ihres Selbst. Dennoch wollen sie offen auf den Plattformen arbeiten, treten mit ihrem Berufsnamen in die digitalen Lebenswelten.
„Missverstanden zu werden und das Gefühl, nicht gesehen zu werden, betri Jugendliche besonders. Vor allem, wenn sie marginalisiert werden", sagt die Projektleiterin. Dabei sei in der Jugendphase das Potential für verändernden Austausch besonders hoch: Immer wieder sei sie überrascht, wie gut die Jugendlichen darlegen könnten, was sie stört und wie bereit sie sind, ihre Beweggründe Kund zu tun. Die junge Generation sei inspirierend, die Diskussionen seien progressiv. Doch der Kontakt soll kurz sein. Das Ziel ist, die Hilfe zugänglich zu machen und die jungen Menschen weiter zu vermitteln. Die beginnenden Beziehungen deshalb wieder abzubrechen, kann manchmal schwieriger sein, als sie aufzubauen. Eine größere Herausforderung stellen jedoch die Diskrepanzen innerhalb des Arbeitsaurags dar. Durch Vorgaben müssen sie mit Labelungen arbeiten, mit Begriffen, die Dynamiken stärken, welche sie zu brechen versuchen. Dabei kann das Gefühl entstehen, sich zuweilen eher Symptomen gesellschalicher Probleme als den Ursachen widmen zu können. Und diese liegen unter anderem im gesellschalichen Umgang mit marginalisierten Jugendlichen. Antimuslimischer Rassismus, äußere Zuschreibungen, aber auch Armut und soziale Ausgrenzung außerhalb religiöser Kontexte können beispielsweise dazu beitragen.
Wenn sie sich nicht verstanden fühlen, es keine Räume für sie gibt, suchen junge Menschen nach einem Ort, an dem sie sich zugehörig fühlen können. An dem sie sich auch über diskriminierende Erfahrungen austauschen können. Radikalisierte Gruppierungen bieten scheinbar diese Räume und ein vermeintliches Verständnis dafür, dass die eigene Identität eben den Zuschreibungen von Außen entspräche. Für das mittlerweile fünfjährige Modellprojekt des Düsseldorfer Trägers AVP e.V., das seit 2017 von der Landeskommission Berlin gegen Gewalt gefördert wird, wäre finanzielle Sicherung ein wichtiger Schritt, sich inhaltlich und organisatorisch weiterzuentwickeln. Ihre reflektive Haltung, die Bereitscha, ihre Arbeit von Kontakt zu Kontakt zu optimieren, begleiten sie dabei, ihre idealistischen Ziele zu erreichen. Einzeln auf Streifzügen durch die virtuellen Straßen - zusammen ein Auffangnetz füreinander. In dem, was sie zusammen erbaut haben, sind sie selber die Säulen. Der Austausch dient als Methode auf den Straßen und als Säulenfundament. Um veränderungsbringende Bewegung zu tragen, braucht es einen starken Boden.